Warum mancher Metzger besser positioniert ist als viele Businessexperten
Normalerweise übernachte ich beim Reisen am liebsten in meinem Wohnmobil. Teure Hotels üben auf mich keinen Reiz aus. Eher schon Häuser, die ein besonderes kulinarisches Highlight bieten wie einer meiner Love Spots im Ahrtal, das Jagdhaus Rech, wo man alles, wirklich alles vom Wild bekommt, am Tisch und im hauseigenen Shop. Und ein paar nette themenbezogene Zimmer gibt es auch in dem sympathischen Landgasthof, um nach ein, zwei Glas Spätburgunder und dem „Jagdfieber-Menü“ eine entspannte Nacht zu verbringen. Ich kann das nur wärmstens empfehlen, denn auch das Frühstück ist hier äußerst besonders und dreht sich natürlich ums Wild.
Der „Wild-Spezialist“, die „Wild-Manufaktur“, das „Bock auf Wild“-Kochbuch von Jagdhauschef Markus Bitzen, ein „Wild-Lexikon“, „wilde Kochkurse“: Hier geht’s in jeder Hinsicht um Hirsch und Hase, um Muffel und Wildschwein.
Positionierungskonzept und Markenaufbau sind das A und O des Erfolgs
Auch ein Metzger im Fränkischen ist bestens aufgestellt. Bei ihm geht es geradezu www.umdiewurst.de. Metzgermeister Claus Böbel hat eine spannende Marke aufgebaut. Er schreibt Bücher, hält Vorträge, betreibt ein Bratwursthotel, backt Bratwurstpizza, veranstaltet Wurstkurse und betreibt einen äußerst erfolgreichen Onlineshop mit gigantischem Produktkatalog und internationaler Klientel. Die BRATWURTpicknick-Tour, die Metzgerwanderung, eine eigene Merchandisinglinie mit Cups, Caps und Pins, mit Kühlbox und Bratwurst-Kuschelkissen – alles dreht sich „um die Wurst“.
Warum schreibe ich über zwei Fleischspezialisten? Was hat das mit unserer Branche zu tun? Ich finde, dass wir in Sachen Markenstrategie sehr viel von Bitzens und Böbels lernen können. Wie man Leidenschaft transportiert. Glaubwürdigkeit. Expertise. Kompetenz. Und ein großes Maß an Originalität. Ich bin sicher, die beiden Unternehmer und ihre Familien haben sehr viel Spaß bei ihrer Arbeit!
Konsistente Kommunikation führt zu Medieninteresse
Das Themenfeld ist klar gesetzt und auf den ersten Blick wird bei beiden Unternehmenswebsites meine Lieblingsfrage umgehend beantwortet: „Was kaufe ich hier?“ Wild und Wurst halt – ohne Schnörkel sofort erkennbar. Wenn ich Journalist wäre und einen Gesprächspartner zum Thema „Wild“ suchen würde, wäre es nicht schwierig, auf das Jagdhaus Rech und Marina und Markus Bitzen zu stoßen. Eine bessere Expertise für seine Recherche kann man sich als Journalist kaum wünschen. Auch das ist ein Vorteil einer stringenten Positionierung – man rückt in den Fokus der Medien!
Claus Böbel hat es mit seiner authentischen Marke gar in die renommierte Brand eins geschafft. Hier wird er als „digitaler Pionier“ gefeiert, der die Hälfte seines Umsatzes, wohlgemerkt mit Wurst- und Fleischwaren, online generiert (und darüber, wie man das macht, ist er heute als Vortragsredner unterwegs). Den ganzen Artikel findet Ihr hier.
Wie setzt sich ein Markenerlebnis zusammen?
Bleiben wir bei unseren beiden Fleischfreaks vom Lande, die äußerst emotionale Marken geschaffen haben (zumindest für all jene, die noch Fleisch essen). Was zeichnet die beiden Angebote aus? Da ist zum einen die Expertise, die Ausbildung, die eigene Vita, die jahrelange Beschäftigung mit einem Thema. Kurz: Kontinuität, Konzentration und Konsequenz. Und noch ein weiteres „K“ spielt mit herein: Die Konsistenz einer Marke. Bei den Bitzens ist die Firmenfarbe ein dunkles Grün (klar, es geht ja um Wild und Wald). Auf Fotos sieht man die Familie mit Geweihen, mit dem Gewehr, mit dem Jagdhund im Feld oder auch schon mal mit einer Keule über der Schulter. Die Botschaft: Hier jagt der Chef noch selbst.
Nur emotionale Marken werden zu Love Brands
Und die Familie Bitzen erweitert das Markenerlebnis um die große regionale Verbundenheit. Die Weine im Restaurant kommen von der Ahr, die anderen Produkte im Shop genauso aus Ahrtal und Eifel. Honig, Ziegenkäse, Fruchtsäfte oder Spirituosen – alles handverlesen aus der ländlichen Gegend rund um das Jagdhaus. An dieser Stelle kommen die Werte ins Spiel, die ebenfalls zum Markenkern beitragen. Die Förderung der Region ist einer dieser Werte. Das propagierte „Slow Food“-Prinzip transportiert den Respekt bei Verarbeitung und Zubereitung der Tiere. Alle Teile vom Wild werden verwendet; weniger genießbare Teile oder Knorpel und Knochen werden als Hundenahrung vertrieben.
Ein dezidiertes Brand Building hat enorme Vorteile
- Der Kunde weiß genau, wofür ein Angebot steht (und wofür eben auch nicht)
- Kundengewinnung entsteht über kurz oder lang durch Sog statt durch Druck
- Kooperationspartner kommen von selbst auf einen zu und man rückt in den Fokus der Medien
- Selbst mit einem kleinen Unternehmen lässt sich Skalierbarkeit und Wachstum erzielen
- Online-Business kann auch für kleine Unternehmen einen Umsatzhebel bedeuten
Nun sind die Blogleser hier vermutlich keine Jäger und Sammler, sondern eher Trainer, Berater, Speaker oder Autoren, die dennoch aus den Beispielen einen Transfer zur eigenen Markenkommunikation herstellen können. Farben, Wording, Werte, Fotos, Leitsätze, Engagement, Onlineaktivität, Social Media, Leidenschaft fürs Thema, Nachhaltigkeit: Alles, was sichtbar gemacht wird, trägt auch zur Wahrnehmung des Markenkerns bei. Genau deshalb bin ich so einer großer Fan einer klugen und sauberen Positionierung!
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