Wie bekomme ich einen Wikipedia-Eintrag?

Wie bekommen ich einen Wikipedia-Eintrag?

Von Thomas Spiekermann

„Was hat eine Rohrdommel, was ich nicht habe?“ So titelte ein Buchbeitrag, den ich vor ein paar Jahren über die Wikipedia geschrieben habe. Mein Text drehte sich um die Frage, wie Thought Leader, Vortragsredner, Berater, Trainer und Coaches den Weg zu einem eigenen Wikipedia-Eintrag finden.

Der PR-Wert der Wikipedia ist unbestreitbar, und entsprechend verlockend ist es, eine eigene Parzelle im Schrebergarten des Wissens zu besitzen. Warum Schrebergarten? Weil alles so schön geregelt und geordnet ist. Sobald geneigte User einen Namen googeln, taucht der passende Lexikonartikel auf und signalisiert: „Dieser Mensch ist von Bedeutung.“ Das stärkt das Renommee, die Positionierung und die Glaubwürdigkeit und steht noch dazu an prominenter Stelle auf der ersten Google-Seite.

Erfülle ich die Relevanzkriterien von Wikipedia?

Was hat eine Rohrdommel, was ich nicht habe?

©AGAMI/stock.adobe.com

Genau hier fängt das Ding mit der Rohrdommel an, denn sie hat etwas, das nicht jeder Berater, Trainer oder Coach automatisch hat: enzyklopädische Relevanz. Nicht jede, jeder und alles hat in einem Lexikon etwas zu suchen. Nur weil das Internet fast unendlich ist, möchte die Wikipedia noch lange keine Werbetafel oder ein Unternehmensverzeichnis sein. In der Tat existiert eine teils unterhaltsame, aber auch etwas überladene Seite darüber, was die Wikipedia explizit alles nicht ist. Diese Seite ist auch wichtig, denn sie sorgt dafür, dass nicht jeder Privatmann, jeder Dackelclub und jeder Bäckermeister einen Wikipedia-Eintrag bekommen kann.

Eine noch viel wichtigere Seite indes sind die Wikipedia-Relevanzkriterien. Schon der Name klingt einschüchternd, und der Inhalt löst die Befürchtung vollständig ein.

  • Sie sind eine Brauerei? Dann sollten Sie entweder eine Jahresproduktion von 100.000 Hektolitern erzielen oder erzielt haben oder älter als 100 Jahre sein und mehr als 5.000 Hektoliter jährlich Bier in Flaschen, Kästen und Fässer füllen.
  • Sie sind eine Substanz? Dann sollten Sie in den Chemie-Richtlinien nachlesen, ob Sie relevant sind. Außer, Sie sind ein Mineral. Dann ist der „Leitfaden auf der Formatvorlage Mineral“ für Sie zuständig.

Sie sind weder das eine noch das andere, weder Hybridhund noch Rohrdommel, kein Rollenspiel, keine Top-Level-Domain und schon gar keine Toilettenschüssel (die übrigens in Flachschüssel, Tiefschüssel und Hock- oder Stehtoilette aufgeschlüsselt wird)? Dann könnte es schwierig werden mit der Relevanz, weil Trainer, Berater, Coaches und Vortragsredner als solche per se erst einmal nicht relevant sind, ganz gleich, wie reich und berühmt sie sind.

Wie viele Bücher muss ich für einen Wikipedia-Artikel schreiben?

Wie viele Bücher muss ich für einen Wikipedia-Artikel schreiben?

©Kara/stock.adobe.com

Umso besser, wenn Sie Bücher zu Ihren Themen schreiben. Denn Autoren sind relevant. Während Belletristiker aber schon mit zwei Romanen die Tür zur Enzyklopädie aufstoßen, benötigen Sach- und Fachbuchautoren derer vier. Ein Grund für dieses schiefe Verhältnis liegt nicht vor. Nichtsdestotrotz dürfen diese vier Bücher nicht im Selbstverlag, als Book on Demand oder in sogenannten Zuschussverlagen erschienen sein, die Bücher nur gegen Geld produzieren. Es muss sich um Bücher aus „regulären“ Verlagen handeln, was auch streng kontrolliert wird.

Wer allerdings neben seiner Weiterbildungs- oder Beratungstätigkeit das Glück hat, jenseits von Eintagsfliege „bekannt aus Funk und Fernsehen zu sein“, wer mal an einer Olympiade teilgenommen, einen Sommerhit gesungen, einen 8000er bestiegen, den Mond besucht, ein Dax-Unternehmen geleitet oder eine vergleichbare Großtat verbracht hat, braucht keine Bücher mehr.

Woran erkennt man einen guten Wikipedia-Artikel?

Wie jedes gute und früher gedruckte Lexikon soll natürlich auch die Wikipedia werbefrei sein und vor allem die Wahrheit enthalten. Dass beides so ist und bleibt, ist keine triviale Aufgabe, weil die Wikipedia den Anspruch hat, ein basisdemokratisches Projekt zu sein. Jeder darf angemeldet, aber auch unangemeldet, Artikel verfassen, ändern, zur Diskussion stellen und sogar zur Löschung vorschlagen. Für Letzteres existiert das Instrument der „Löschdiskussion“, in der munter, mit harten Bandagen und nicht immer voller Sachkenntnis über den Verbleib von Artikeln gestritten wird.

Um die Wahrheit zu gewährleisten, sollen alle Angaben in der Wikipedia belegbar sein und belegt werden. Wie die Erfahrung zeigt, wollen gerade Personen oft mehr über sich und ihre Leistungen in der Wikipedia lesen, als durch Quellen zu beweisen wäre. Finden solche Informationen den Weg in die Enzyklopädie, wird meist zum Nachtrag aufgefordert oder gelöscht. Es kann aber auch schon mal sein, dass monatelang ein Warnhinweis über dem Artikel steht, der seinen Wert konterkariert.

Relevance rules!

Die drei entscheidenden Punkte sind also Relevanz, Relevanz und Relevanz sowie darüber hinaus Bescheidenheit, Ehrlichkeit und Beweisbarkeit, was uns zum Fazit führt: Vermutlich lohnt es sich nicht, speziell für die Wikipedia vier Bücher zu verfassen, aber wer das eine oder andere Buch hat und sich mit dem Gedanken trägt, weitere zu verfassen, sollte einmal darüber nachdenken, sein Werk zu vergrößern. Dann klappt’s auch mit der Wikipedia.

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