PR für Start-ups: Ein Gespräch mit Coach und Autor Daniel Beutler

Notizzettel mit Aufschrift Public Relations

Von Ulrike Schäfer

Manchmal können wir von unseren Kunden noch etwas über PR lernen – weil sie als Experten über Insider-Kenntnisse auf ihrem Gebiet verfügen und direkt aus der Praxis berichten können. Dazu gehört auch Daniel Beutler, der eine außergewöhnliche Karriere gemacht hat: Schon in jungen Jahren stieg er bei Deutsche Bahn France in eine CEO-Position auf. Nach fünf Jahren wechselte er in die Start-up-Welt, wurde COO des grenzübergreifenden Ticketportals Captain Train und begleitete dessen Merger mit Trainline. Als President von Trainline Intl brachte er das Unternehmen an die Börse und landete damit einen der größten Tech-Hits der letzten Jahre. Heute arbeitet er als Coach und Advisor und hat sein erstes Buch veröffentlicht („Exit Ahead“), in dem er seine Erfahrungen rund um das Skalieren von Unternehmen und erfolgreiche Exits an Gründer, Investoren und andere Interessierte weitergibt.

Daniel Beutler

Pressefoto: Daniel Beutler

Mit uns hat er über seine Learnings in Bezug auf die Pressearbeit für Start- und Scale-ups gesprochen. Denn dabei gibt es einige Besonderheiten zu beachten: Gerade wenn ein Unternehmen in die Phase des schnellen Wachstums einsteigt und einen Exit anstrebt, sich also für Investoren oder Käufer „schön machen“ will, muss die Kommunikation strategisch gut aufgesetzt sein.

US: Daniel, warum ist PR für Start-ups so wichtig?

DB: Es ist ganz einfach so: Ohne ein gutes Produkt ist ein Unternehmen nichts wert – aber das Produkt allein reicht eben noch nicht für den Erfolg. Storytelling hat heutzutage einen immer höheren Stellenwert. Nur wer seine Kommunikation auf professionelle Beine stellt, kann aus der Nische heraustreten und einen profitablen Exit erzielen. Darum rate ich zu dem Prinzip: Tue Gutes und sprich darüber! Ich habe jedenfalls die erstaunliche Wirkung von PR über die gesamte Zeit meiner Scale-up-Erfahrungen beobachten können.

Kannst Du ein Beispiel nennen?

Ich erinnere mich an meine Anfangszeit bei Captain Train: Damals war unsere PR-Arbeit sehr erfolgreich und unsere Geschichte wurde von den Medien gerne aufgegriffen. Und da es so ziemlich das Einzige war, was wir auf der Marketingseite unternommen haben, konnten wir unsere Erfolge eindeutig auf diese PR-Maßnahmen zurückführen. Weder der M & A noch der Börsengang wären ohne exzellente Pressearbeit möglich gewesen. PR kann zudem der effektiven Schadensbegrenzung dienen, wenn etwas schiefläuft. Nicht zuletzt wirkt PR auch nach innen: Es macht die Teams stolz, wenn sie in der Presse über ihr Unternehmen lesen. Es ist allerdings auch eine sensible Angelegenheit.

Inwiefern?

Dazu eine kurze Anekdote: Einmal habe ich mich nach einer fiebrigen Nacht völlig übermüdet zur Arbeit geschleppt. Ich wollte mich in mein Büro schleichen und dort „verstecken“. Auf dem Weg kam ich aber doch an ein paar Leuten aus meinem Team vorbei und versuchte zu lächeln, was wohl ziemlich gequält rübergekommen sein muss. Denn drei Minuten später tauchte meine Assistentin auf und fragte mich, was los sei. Offenbar explodierte Slack, und die Leute waren besorgt – nicht weil ich krank war, sondern weil bereits Gerüchte im Umlauf waren, dass wir das Büro schließen würden. Dieses Beispiel zeigt wohl, wie sensibel die Antennen der Mitarbeitenden funktionieren – schlimmstenfalls kann sogar etwas nach außen dringen. In der Skalierungsphase eines Start-ups kann das fatale Folgen haben. Der Umgang mit Informationen sollte also sehr bewusst geschehen.

Was braucht es denn für eine erfolgreiche Start-up-PR?

Geschäftsmann rast mit Skateboard durch die Stadt

@lassedesignen / stock.adobe.com

Wichtig ist, dass die Pressearbeit in die Hände der richtigen Person gegeben wird. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, ausgewählte Teile der Story durch Pressemitteilungen, Pressekonferenzen und Interviews zu verbreiten und sicherzustellen, dass die Geschichten genau zu dem Zeitpunkt erscheinen, in dem auch andere Marketingaktivitäten gestartet werden oder es zu aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen passt. Aber PR ist auch eine Form des Beziehungsmanagements: Der/die Verantwortliche muss vertrauenswürdige Kontakte zu Journalisten aufbauen, die auch vertrauliche Informationen respektieren – gerade in der heißen Phase von Exit-Verhandlungen kann das entscheidend sein, wenn die Journalisten etwa schon Vorab-Informationen bekommen, die nicht einmal das eigene Team kennt.

Worauf müssen Gründer bei ihrer PR besonders achten?

Frauen sitzen lässig im Büro an ihren Laptops

Die richtige Vorbereitung und Orchestrierung sind von entscheidender Bedeutung. Gründer sollten immer darauf achten, welche Inhalte kommuniziert werden und welche nicht. Es gilt, eine Linie festzulegen, der jeder im Unternehmen folgt. Bedenke: Wenn Informationen erst heraus sind, können sie nicht mehr zurückgenommen werden. Aus diesem Grund sollte sehr wählerisch kommuniziert werden, insbesondere in Bezug auf die Unternehmenszahlen. Um den Sprecher in seiner Funktion zu unterstützen, kann es hilfreich sein, Standardtexte mit den wichtigsten Fakten zum Unternehmen zur Verfügung zu stellen und Briefings mit häufig gestellten Fragen vorzubereiten, die derjenige im Schlaf beherrschen sollte.

Wer sollte denn für ein Start-up nach außen kommunizieren?

Normalerweise handelt es sich um den Gründer und/oder CEO, aber es können gelegentlich auch Experten sein, wenn sie richtig in bestimmte Themen eingewiesen sind. Wichtig ist, dass diese Personen klar benannt werden. Und ich empfehle dringend ein Medientraining, um die notwendigen Skills zu erlernen. Ich habe selbst erlebt, wie sich manche CEOs in ihrer Anfangszeit sehr schwertaten – und ein Jahr später die Bühne gerockt haben, dank eines solchen Trainings. Die Investition in sich selbst und für das Unternehmen lohnt sich.

Was rätst du noch aus deiner Erfahrung heraus?

Ich empfehle, den PR-Prozess frühzeitig zu professionalisieren und mit einer PR-Agentur zusammenzuarbeiten. Vielleicht zu Beginn mit einer kleinen Agentur oder Freiberuflern, um dann im Laufe der Zeit zu spezialisierteren Dienstleistern zu wechseln, vorzugsweise aufgeteilt in Endkunden- und Unternehmensthemen. Die Agenturen helfen bei der Umsetzung, der Definition des Tonfalls und der Platzierung der Botschaften in den richtigen Kanälen. Die Hauptverantwortung bleibt aber beim CEO: Es ist seine Aufgabe, sicherzustellen, dass die Story effektiv erzählt wird und die Kernzielgruppen anspricht. Denn die Maßnahmen zielen letztlich darauf ab, erstens durch mehr Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit neue Kunden zu gewinnen, und zweitens den Wert des Unternehmens zu erhöhen, indem Image und Glaubwürdigkeit verbessert und das Unternehmen so für neue Investoren und Mitarbeitende noch attraktiver wird.

Vielen Dank für diesen Blick hinter die Kulissen, Daniel!

Allen, die jetzt neugierig geworden sind und noch mehr über Strategien und Tools wissen wollen, durch die Start-ups schnell wachsen und einen erfolgreichen Exit schaffen können, legen wir ausdrücklich Daniel Beutlers Buch „Exit Ahead – The Scale-up Playbook“ ans Herz.

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