So schreibst du eine richtig gute Pressemitteilung

Von Ulrike Schäfer

Eine ketzerische Frage vorab: Brauchen wir heute eigentlich noch Pressemitteilungen? Machen sich chronisch gestresste Journalisten überhaupt die Mühe, sie zu öffnen und zu lesen? Oder genügt nicht inzwischen ein Post bei LinkedIn, um eine Nachricht zu verbreiten?

Kein Zweifel: Es ist schwieriger geworden, mit einer Pressemitteilung zu den Personen durchzudringen, die man erreichen und für eine Berichterstattung gewinnen möchte. Die meisten Meldungen verhallen ungehört im medialen Nirvana, weil die Journalisten – selbst wenn sie wollten – gar nicht die Zeit haben, all die Mitteilungen zu lesen, die sie bekommen. Aus Erfahrung wissen sie nämlich schon, dass die meisten davon uninteressant für sie sind, weil sie nicht das enthalten, was sie eigentlich suchen: neue Ideen und erzählenswerte Geschichten.  Es bringt daher nichts, Journalisten gleich mehrfach mit einer Meldung zu bombardieren – das wird nur dazu führen, dass du als Absender blockiert wirst oder sich der Pressevertreter aus dem Verteiler nehmen lässt.

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Pressemitteilungen machen also dann Sinn, wenn sie die Redakteure auf ein Thema aufmerksam machen können, das zu vertiefen sich lohnen würde. Zum Beispiel wenn es sich wirklich um ein unverbrauchtes Themengebiet handelt, das in Deutschland noch nicht von der Presse entdeckt oder allzu oft behandelt wurde. Oder wenn du eine Lösung für ein Problem gefunden hast, das viele Menschen beschäftigt. Vielleicht hast du als Experte auch einen relevanten Beitrag zu einer aktuellen Diskussion oder einem in Kürze anstehenden Termin (z. B. einer Messe oder Wahl)? In solchen Fällen kann es sich durchaus lohnen, eine Pressemitteilung zu verfassen und zu versenden.

Der richtige Aufbau einer Pressemitteilung

Wie muss die Meldung nun angelegt sein, damit sie die Journalisten wirklich erreicht – und das nicht nur im technischen Sinne?

Da die meisten Pressemitteilungen per Mail verschickt werden, trennt sich schon beim Betreff die Spreu vom Weizen: Die Zeile muss den Redakteur so neugierig machen, dass er die Nachricht öffnet – das ist ganz entscheidend! Im Betreff muss also das Thema, das den Journalisten interessieren könnte, schon angedeutet sein.

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Das ist nicht unbedingt der Aspekt, der auch für dich als Absender zentral ist. Aus deiner Sicht würdest Du vielleicht in den Betreff schreiben: „Unternehmen XY bringt erstmals App auf den Markt“. Für dich ist das eine hochspannende Sache, weil deine Firma das Leistungsportfolio um eine App erweitert hat – für euch ein Riesenschritt. Wenn es sich bei der Firma nicht um Nike oder Apple handelt, ist das aber dem Journalisten ganz egal. Für sie oder ihn wäre folgende Zeile wesentlich fesselnder: „Neue App hilft Menschen mit Hochstaplersyndrom“. Von diesem Syndrom hat der Redakteur vielleicht noch nie gehört und möchte wissen, was dahintersteckt. Oder er kennt es und weiß, dass viele Menschen darunter leiden; umso relevanter wird er die Nachricht finden, dass es jetzt Hilfe gibt.

Mit dem Betreff hast du meist auch schon eine gute Headline gefunden, die fett gedruckt und in etwa 14 Punkt Schriftgröße ganz oben über der Meldung stehen sollte. In der höchstens zweizeiligen Unterzeile wird diese durch weitere Informationen erläutert. („Therapie-Angebot ab November für iOS und Android verfügbar“).

Ein wichtiger Vorteil einer Pressemitteilung gegenüber z. B. einem LinkedIn-Post ist übrigens die Möglichkeit eines Sperrvermerks, etwa wenn es um das Erscheinen eines neuen Buchs geht. So können Journalisten schon vorab informiert werden, ohne dass gleich die große Öffentlichkeit davon erfährt. Die Sperrfrist wird meist gut sichtbar oben auf der Seite platziert.

Tipps für einen gelungenen Pressetext

Dann geht es an den eigentlichen Haupttext. In Bezug auf Nachrichten gilt noch immer die eiserne Journalistenregel: Erst die Pflicht, dann die Kür. Das Wichtigste muss am Anfang stehen: Wer hat was wann wo warum und wie getan? Erst danach folgen die weniger zentralen Einzelheiten, die auch weggestrichen werden könnten, ohne dass dem Leser etwas fehlen würde.

In Bezug auf Pressemitteilungen ist dieses Prinzip inzwischen etwas aufgeweicht, denn es kommt so gut wie gar nicht mehr vor, dass Journalisten eine Meldung einfach übernehmen und den Text von hinten weg kürzen, bis er passt. Zudem kann es recht trocken zu lesen sein, wenn das starre Schema auf Biegen und Brechen eingehalten wird.

Heute ist vor allem eins wichtig: dass der Journalist weiterliest. Die Relevanz der Nachricht muss sich ihm sofort erschließen. Es ist daher nicht nur erlaubt, sondern sogar wünschenswert, zunächst einzuordnen, warum die Meldung hochaktuell und berichtenswert ist. Im Beispielfall würden wir also vielleicht so einsteigen:

„’Habe ich das wirklich aus eigener Kraft geschafft – oder hatte ich einfach nur Glück?‘ Das fragen sich selbst erfolgreiche und hochqualifizierte Menschen immer wieder, wenn sie unter dem verbreiteten Impostorsyndrom leiden, das auch ‚Hochstaplersyndrom‘ genannt wird. Für die Betroffenen kann das eine große Belastung sein. Abhilfe schafft nun ein neuartiges Therapieangebot, das ab November als App sowohl für iOS- als auch Android-Geräte erhältlich sein wird …“

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Nun folgen die genauen Daten und Fakten zu dem Angebot sowie ein Einblick in die Funktionsweise. Wichtig ist, nicht zu sehr in werbliche Selbstbeweihräucherung abzugleiten, sonst legt der Journalist die Nachricht gleich zur Seite. Dass es ein innovatives, völlig neues oder einzigartiges Programm ist, das hier vorgestellt wird, darf aber schon gesagt werden – wenn es wirklich zutrifft. Es ist eine Gratwanderung.

Die „Kür“ kann entscheidend sein

Der Info-Teil sollte möglichst kurz und schnörkellos gehalten werden. Denn jetzt folgt die Kür: Sie ist es, die den Redakteur inspirieren kann, mehr über das Angebot wissen zu wollen. Vielleicht gibt es ja eine spannende Gründungsgeschichte zu dem Produkt? Ist der Erfinder gar selbst betroffen, oder ein naher Verwandter? Kann eine Fallgeschichte erzählt werden, in der die App erfolgreich angewandt wurde – womöglich mit Zitaten des Betroffenen? Solche Geschichten erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass das Thema aufgegriffen wird, enorm.

Noch ein Wort zu Zitaten: Oft sind diese in Pressemitteilungen wenig aussagekräftig. Da „freut“ sich ein Unternehmer über die schnelle Umsetzung der App oder lobt die Mitarbeitenden für ihren „herausragenden Einsatz“. Auch hier sollten wir wieder auf die Relevanz für den Journalisten schauen: Solche austauschbaren und inhaltsleeren Zitate sind für ihn nutzlos, er würde sie niemals in einen Artikel mit aufnehmen. Besser ist, wenn die Äußerungen eine interessante Zusatzinformation enthalten. Zum Beispiel: „Die Idee für die App kam mir, als ich die Biographie von Steve Jobs las …“

Am Schluss folgen noch die Kontaktdaten, ein Logo und eine Information zu dir bzw. deinem Unternehmen – fertig ist eine richtig gute Pressemitteilung, die nun an die Presse verschickt werden kann.

Wie sich Pressemitteilungen darüber hinaus nutzen lassen, erfährst du hier: https://www.pspr.de/marketing-mit-fachartikeln-und-pressemitteilungen/

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